Post by Richard StollPost by Ueli LezziPost by Richard StollPost by Ueli LezziMit dem Kriterium "Wie f?hlt es sich an?" musst du allerdings vorsichtig
sein. Wenn du dich beim Bewegungslernen bzw. s?mtlichem Lernen zu sehr
am "stimmigen Gef?hl" orientierst, wirst du bei Gewohnheiten bleiben,
Guten Tag Richard
Post by Richard Stolldass das kritiklose Vertrauen auf Gefuehle sehr taeuschen kann, wissen
wir Taenzer sehr gut (siehe Sprichwort unten), das war aber nicht meine
These.
Sehe nachfolgend, dass ich dich falsch verstanden hatte. Es geht dir
nicht um "stimmiges Gefühl", sondern um wiederholbare Körperwahrnehmung.
So rein lerntheoretisch, kybernetisch oder als Begriffsarbeit: "gezielt
wiederholbar" oder "systematisch wiederholbar" streben wir an. Als
Substantiv tönt "gezielte Wiederholbarkeit" oder "systematische
Widerholbarkeit" für mich nicht überzeugend. Vielleicht geht "abrufbare
Wiederholbarkeit" oder "systematisch abrufbare Wiederholbarkeit". Andere
Vorschläge?
Post by Richard StollIch weiss ja nicht, ob Du mal an das Limit Deines Koerpers gebracht
wurdest, ich hingegen bin in jeder Unterrichtsstunde bei einem guten
Trainer an irgendeinem Limit angekommen, welches zu verbessern gilt. In
solchen Situationen kannst Du haeufig nicht auf einfache verbale
Anweisungen reagieren, weil Du mit festgefahrenen Bewegungsmustern
kaempfen musst und oft auch Verstaendnisprobleme da sind. Mir hilft hier
oft der direkte Eingriff des Trainers, indem er die Bewegung mit mir
gestaltet und meinen Koerper direkt beeinflusst oder mir die Gelegenheit
gibt, Bewegungsraeume an seinem Koerper "abzufuehlen". Ich verstehe also
damit eine wie Du so schoen sagst durekte "propriozeptive"
Informationsquelle. Ich habe gelernt so Informationen zu bekommen und zu
nutzen und dies ist auch der Hauptweg, mit welchem viele gute Taenzer
arbeiten.
Gut, kann folgen, finde es auch spannend.
Ich stelle nachstehend in eigenen Worten etwas Ähnliches dar, wie du es
weiter unten beschrieben hast:
1 - Der Tanzlehrer bringt dich - abstrakt ausgedrückt - in eine
Situation, in die du ohne die körperlich ausgeübten Kräfte gar nicht
kommen würdest, nicht kommen könntest.
2 - Du speicherst innerlich ein "Bild", eine Vorstellung von der
Situation. Diese Vorstellung hat starke propriozeptive Komponenten.
3 - Danach suchst du einen Weg für dich, wie du dich wieder in eine
Situation bringen kannst, welche etwas möglichst Ähnliches wie die
gespeicherte Vorstellung auslöst.
Für 3) ist für mich nun ein biomechanische oder sonstwie theoretisches
Verständnis des Prozesses trotzdem hilfreich. Das gilt gleichermassen,
ob sich 2) nun nur auf einen Endzustand ("Bild") oder ob es sich auf
einen ganzen Ablauf mit all seine Zwischenstationen ("Film") bezieht.
Ein (für mich) guter Tanzleherer wird mir verschiedene Prozesse 1) zum
Abfühlen anbieten, die ich mit verschiedenen Varianten meiner kognitiven
Pläne in 3) zur Übereinstimmung bringen kann. Z.B. wird er mich
Unterschiede zwischen Strecken aus Fuss und aus Knie fühlen lassen, wenn
es gerade um einen Rückwärtsschritt im Foxtrot geht. Mental, kognitiv
habe ich mir vielleicht zuvor überlegt, wie sich das auf den Kontakt zur
Partnerin auswirken könnte.
Zur weiteren Verarbeitung und Verankerung der Vorstellung in 3) wären
auch Videoaufnahmen von verschiedenen Varianten in 1) hilfreich.
Wie du unten erwähnst, sind wir uns anscheinend weitgehend einig. Für
dich war wohl 1) der Hauptpunkt, ich hatte mich mehr auf 3) konzentriert.
Post by Richard StollPost by Ueli LezziTja, mein lieber Richard, dass du im Laufe deines Tanzenlernens deine
Methode gewechselt hast, sagt nichts ?ber eine grunds?tzliche
?berlegenheit einer Methode.
Nein, aber es gibt Informationen ueber den subjektiven Stellenwert von
Methoden fuer Richard als Bezugsperson. Ansonsten muesste ich valide
Studien heranziehen, die es m.W. fuer den Tanzsport nicht gibt und die
man auch sicher kritisch in Bezug auf die Methode hinterfragen koennte
(sofern es sie gaebe).
Auch da haben wir es wieder mit der Frage zu tun, wie weit sich
Erkenntnisse aus anderen Bereichen zum Tanzen transferieren lassen.
Meine Meinung ist nach wie vor, dass es mehr sind, als andere denken
mögen. Lerngesetze und -psychologie gelten allgemein, Biomechanik gilt
allgemein, Kommunikationsprinzipien gelten allgemein. Wer es gewohnt
ist, fächerübergreifend zu denken, merkt, dass viele Details im Tanzen
nichts Aussergewöhnliches sind. Es ist eine Frage des
Abstraktionsvermögens im Denken, des prinzipienorientierten Vorgehens.
Post by Richard StollPost by Ueli LezziEs ist naheliegend, dass nicht nur verschiedene Menschen verschiedene
Lernstile haben, sondern dass ein einzelner Mensch im Laufe seines
Lebens verschiedene Lernwege entwickelt. Bei verschiedenen Lerninhalten
sind verschiedene Methoden geeignet und - das als wichtigster Bezug zu
deinen Ausf?hrungen -: In verschiedenen Lernphasen bei einem einzelnen
Gegenstand sind verschiedene Methoden optimal.
Das war meine Aussage.
Aha. :-)
Post by Richard StollPost by Ueli LezziLetzteres magst du mit deiner Frage nach meinem Tanzgrad indirekt
gemeint haben, das ?brige stellst du jedoch etwas absolut dar, finde
ich. Meine Tanzstufe ist ?brigens noch nicht so hoch: hab ungef?hr
begriffen, dass die Aussage: "Das Grundmuster von Quickstep ist
s-q-q-s." nahezu oder eigentlich falsch ist, und im Rumba und im Cha Cha
Cha probiere ich systematisch alle Paarpositionen und Verbindungen damit
aus. Das ergibt manchmal sogar "Figuren". Von der Frau erwarte ich, dass
sie folgt, und das tut sie auch tats?chlich! ;-) (Vielleicht ist diese
Erwartung eine Vision, siehe unten...)
Es lag mir fern, Dir damit eins ueberzubraten (nach dem Motto: hier
stehe ich, machs erst mal besser, was ja leider in NGs durchaus mal
vorkommt). Ich habe erkannt und auch zugegeben, dass auf einem (sorry
Keine Angst, ich habe dich keineswegs als überheblich empfunden. Wir
sind anscheinend an einer Grenze des schriftlichen Mediums.
Ich hatte mir überlegt, ob ich überhaupt etwas zu meinen Tanzniveau
sagen sollte, weil es m.E. für die Diskussion nicht wichtig ist.
Meine Beschreibung war ein Versuch, in wirklich knappen, dafür
prägnanten Worten etwas für Kenner/innen Nachvollziehbares auszudrücken.
Es ist sehr schwierig, sein eigenes tänzerisches Können "objektiv" zu
beschreiben.
Post by Richard Stollvorkommt). Ich habe erkannt und auch zugegeben, dass auf einem (sorry
fuer den Ausdruck) eher niedrigen Niveau (bei welchem es um das
grundlegende Lernen von einfachen Bewegungen mit wenigen Dimensionen der
Technik und niedrigem Energieniveau geht) noch mit anderen Hilfsmitteln
lernt, als wenn es um die Perfektionierung von bereits automatisierten
Bewegungsmustern geht.
Ich denke mal, wir liegen vom Denken nicht so weit auseinander.
Sehe ich auch so. Abgesehen davon, dass ich auch für höhere Lernstufen
die theoretische Verarbeitung hoch gewichte. Siehe oben.
Post by Richard StollIch kann mir aber die Bemerkung nicht verkneifen, dass es evtl. fuer Dein
Lernniveau nicht sinnvoll (sorry, ich sollte sagen nicht hilfreich) ist,
wenn Du Dich in m.E. Nebensaechlichkeiten (wie z.B. die Rotation im
Thoraxbereich) verlierst.
Tja. :-) Das sagt jetzt halt mehr aus über dich als über mich: über
deine Fähigkeit und Bereitschaft zu fächerübergreifendem Denken, über
deine Genauigkeit beim Lesen, über deine Prioritäten beim Tanzenlernen,
über deine Einschätzung meines Könnens.
Ich habe wohl erwähnt, dass ich von Rotationen im Thoraxbereich _im
Alltag_ und beim Laufen ausgehe und diese auf das Tanzen _übertrage_.
Ich beschäftige mich nicht isoliert im Tanzen mit diesen Rotationen.
Andererseits bin ich durch Erfahrungen im Tanzen aufmerksamer geworden
auf Bewegungsabläufe im Alltag und im Sport.
Für dich ist eine BWS-Rotation eine Nebensächlichkeit - für mich seit
der Beschäftigung mit dieser "Ideologie" Spiraldynamik, mit Anatomie und
Physiotherapie halt nicht mehr.
Und im Tanzen finde ich die Beschäftigung mit detaillierten Haltungs-
und Bewegungsfragen äusserst interessant. Dafür verzichte ich im Moment
etwas auf ein grösseres Figurenerepertoire.
Post by Richard StollIch weiss, dass das jetzt nicht nett war, aber man kommt manchmal
zusammen weiter, wenn man auch mal ehrlich seine Meinung sagt. Falls Du
Dich dadurch beleidigt fuehlst, biete ich Dir gerne meine Entschuldigung
an.
*ggg* Kein Problem, hast dir Gedanken über deine Wirkung auf mich
gemacht und das sorgfältig hinübergebracht. Unter solcher Voraussetzung
finde ich das Annehmen von Kritik meist nicht so schwierig. Und trotzdem
habe ich es für dieses mal nicht angenommen... :-) (siehe oben)
Post by Richard StollPost by Ueli LezziEs ist wohl gen?gend erwiesen, dass die Propriozeption und Gef?hle
massive Messfehler liefern k?nnen (F.M. Alexander, Sozialpsychologie,
Psychotherapie). Das gilt f?r Ungeschulte gewiss st?rker als f?r
Fortgeschrittene. Diese aber werden ihr Gef?hl immer wieder durch
Vergleich mit Wahrnehmungen und inneren Kriterien "eichen". (Ich
unterscheide auch zwischen Gef?hl und Wahrnehmung. Sinngem?ss geht es
aber auch um Wahrnehmungsfehler und Selbstkontrolle von Wahrnehmungen
mit Hilfe innerer Kriterien.) Dieser Vergleich mit inneren Kriterien
beinhaltet eigentlich zweierlei: wertfreie Minimierung von Messfehlern,
und schliesslich auch eine Bewertung des Wahrgenommenen. Gef?hle k?nnen
als eine k?rperliche und psychische unmittelbare Bewertung einer
Situation verstanden werden.
Mit dem Gef?hl oder der Wahrnehmung alleine geht's einfach nicht.
Das Problem beim Tanz ist, dass man keine direkte und objektive
Kontrollmoeglichkeit hat, wenn man eine Bewegung ausfuehrt. Aufgabe
eines (guten) Trainers ist es m.E. einem Taenzer/Paar eine fuer sie
angemessene Bewegung zu vermitteln und diese so zu praesentieren, dass
sie auch spaeter nachvollzogen und trainiert werden kann. Meine These
ist, dass das nicht (gut) auf der mentalen Ebene geht, sondern besser
auf der propriozeptiven Ebene. Ich muss das Paar dazu bringen, es
richtig auszufuehren und dann versuchen, Gefuehle zu speichern die dann
bei spaeteren Ausfuehrungen abgerufen werden koennen. Noch spannender
wird es, wenn man beim Tanz Emotion ausdruecken soll. Bewegung soll
teilweise Emotion in die Zuschauer projizieren. Das geht mit rein
mentalen Anweisungen m.E. gar nicht, sondern muss im Sinne eines
Schauspielunterrichts (nicht im direkten woertlichen Sinn gebraucht)
einstudiert werden.
Sehr interessant. Wie erwähnt, habe ich es oben in eigenen Worten
verarbeitet.
Eine Ergänzung: Zum Lernen könnte man die Verlagerung des externen
Soll-Ist-Vergleichs durch den Tanzleherer und mit Videofeedback ins
Innere zählen, der Aufbau einer inneren Projektion der äusseren
objektiven Kontrolle... Ist das hübsch ausgedrückt? ;-)
Die Ausweitung auf Schauspiel mit seinen innereren Vorgängen und der
Interaktion mit dem Publikum finde ich bemerkenswert, gefällt mir.
Post by Richard StollSelbstverstaendlich geht das nicht ohne eine kognitive Komponente, aber
die ist fuer mich eher so im Bereich unter 1/3 der Mixtur angesiedelt.
1/3 kognitive Komponente ist ja gar nicht wenig! Wenn du den Anteil
(fast) so hoch ansetzt, dann sind wir uns wohl tatsächlich sehr
weitgehend einig.
Post by Richard StollEvtl. waere es mal interessant, die anderen Taenzer hier zu fragen, wie
sie die Lernsituation im hochklassigen Unterricht einschaetzen.
Was Du oben als "Eichung" der Wahrnehmung ansprichst gibt es bei uns
auch. Die wesentliche Komponente ist aber hier die "Speicherung" von
Gefuehlen und von Ausdruck, die in einer Wettkampfsituation "abrufbar"
zu machen sind.
Dein Konzept von abrufbar gespeicherten Gefühlen und Ausdruck habe ich
gerne aufgegriffen (siehe oben).
Post by Richard StollPost by Ueli LezziPost by Richard StollPost by Ueli LezziEin anderes Thema, das zwar nichts mit Tanzen, aber doch mit Neuerungen
Falls du Kontrolle ?ber dein News-Programm hast, k?nntest du es mal so
konfigurieren, dass es Umlaute korrekt zitiert. Oder eine entsprechende
neuer Version des Programmes installieren.
Geht nicht, da ich hinter einer sehr restriktiven Firewall sitze und
hier nur mitdiskutieren kann, weil ich mittels Telnet an einen Host der
Uni rankomme. Die spendieren keinen neuen Newsreader und das mit den
Umlauten hab ich in den letzten 10 Jahren nicht hinbekommen.....
Danke f?r die Erl?uterungen. Eigenartige Situation...
Sitze in einem medizinischen Fachbereich, der Datenschutz ist hier so
was von paranoid.....
Schreibe die Beitraege mit vi (falls Dir das was sagt) auf dem Host und
einem einfachen Terminalprogramm (HyperTerminal 6.3). Hab das mit den
Umlauten nicht hinbekommen und vor Jahren schon entnervt aufgegeben. Ich
koennte auch von zuHause schreiben, da (wie Du sicher weisst) unsereins
halt die Nacht fuer die Forschung nutzen muss bin ich relativ selten an
einem PC ohne Restriktionen....
Ziemlich abenteuerlich, was du da schreibst.
Vi kenne, aber Emacs lieb(t)e ich... ;-)
Die Verarbeitung und Übertragung von Umlauten hat reichlich wenig mit
Datenschutz zu tun.
Übrigens schreibst du die Beiträge gemäss Kopfzeile mit Tin, nicht mit
Vi. Vi ist ein Programm- oder Texteditor, Tin ein Newsreader. Möglich,
dass Tin dabei Vi aufruft, das lässt sich aber bestimmt konfigurieren.
Dann würde Tin stattdessen beispielsweise Emacs aufrufen.
Wenn's schon um Sicherheit im Sinne von Datenschutz geht, wäre die
Verwendung des SSH-Protokolles statt Telnet angezeigt, dafür könntest du
PuTTY verwenden. Und dieses überträgt Umlaute wunderbar (was
HyperTerminal sicherlich auch tut).
Die Verwendung einer uralten _Entwickler_version von Tin statt einer
neueren, stabileren, mit Sicherheitskorrekturen versehenen ist
(allenfalls) Blödsinn (des Rechenzentrums). Nun, vielleicht ist es auch
völlig ungefährlich. Jedenfalls dürften die nicht wegen
Sicherheitsüberlegungen beim alten Programm geblieben sein, sondern um
Umstellungskosten zu sparen.
Der Knackpunkt ist, ob die Kombinatioin Tin+Vi mit Umlauten umgehen kann
oder nicht. Zumindest ein neue Version kann man m.E. sicher entsprechend
konfigurieren (Stichworte: Zeichensatz, 7-bit (ASCII-Zeichensatz ohne
Umlaute) vs. 8-bit (Zeichensatz mit Umlauten; ISO 8859-1 (=Latin-1,
Westeuropäisch) oder Unicode, z.B. UTF-8)).
http://en.wikipedia.org/wiki/ASCII
http://en.wikipedia.org/wiki/ISO_8859
http://en.wikipedia.org/wiki/Unicode
Die Tin-Version ist übrigens nicht 10 Jahre alt. Und das Linux, auf dem
dieses Tin läuft (Linux/2.4.26 (i686)), kann auch mit Umlauten umgehen.
Das nur so als Hilfe für Suchstrategien.
Post by Richard StollWie jeder nur die Beine lupft, sich wie er kann herauszieht,
der Duerre springt, der Plumpe hupft - und fragt nicht, wie es aussieht!
(Faust, Walpurgisnachtstraum, Spruch des Tantzmeisters)
Wann kommst du denn überhaupt zum Lesen und Finden solch interessanter
Textstellen? ;-)
Gruss
Ueli
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